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19. November 2013

hörkomm.de-Workshop: "Telefonie und Schwerhörigkeit"

Bei Schwerhörigkeit sind Hörgeräte die Hilfsmittel der Wahl. Aber kann man mit Hörgeräten auch telefonieren? Welche unterstützende Technik wird aktuell angeboten und auf welche Kriterien müssen Verbraucher beim Kauf von Telefonen und Hörgeräten achten?

Diese Fragen wurden auf dem Workshop „Telefonie und Schwerhörigkeit“ am 4. November 2013 bei der Stiftung Warentest in Berlin diskutiert. Eingeladen hatte das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderte Projekt hörkomm.de – Barrierefrei hören und kommunizieren in der Arbeitswelt. Gemeinsam mit 14 Experten aus den Bereichen Selbsthilfe, Hörgeräte- und Telefonanbieter, Normierung, Arbeitsplatzgestaltung und Verbraucherschutz wurde erörtert, welche technischen Lösungen zur Verfügung stehen, wenn das Kommunizieren am Telefon trotz Hörgerät nicht zufriedenstellend funktioniert.

Eine „klassische“ Lösung bietet die Induktionsspule. Damit werden die Tonsignale vom Telefon direkt auf die Hörgeräte übertragen und Störgeräusche ausgeschlossen. Viele Hörgeräte besitzen eine Telefonspule. Wie die Vertreter der Selbsthilfe beklagen, informieren Akustiker aber oft nicht ausreichend darüber. Auf der anderen Seite nimmt das Angebot an Telefonen, die sich für eine Nutzung mit der Induktionsspule eignen, immer weiter ab – so die Hörgerätehersteller.

Die „moderne“, aber auch teurere Lösung: Bluetooth. Zur Übertragung der Audiosignale von Telefon zu Hörgerät wird in der Regel ein kleines Zusatzgerät, ein Transmitter, genutzt. Die Übertragungsqualität hierbei ist sehr gut. Wer aber denkt, es gäbe eine vereinheitlichte Bluetooth-Schnittstelle, der irrt sich. So kann es zu Kompatibilitätsproblemen zwischen Hörgerät, Transmitter und Telefon kommen.

Woran kann sich der Verbraucher mit Höreinschränkung beim Kauf von Telefonen orientieren? Während es in den USA gesetzliche Regelungen zur Kompatibilität von Hörgeräten mit Mobil- und Festnetztelefonen gibt, setzt man in Europa auf die freiwillige Einhaltung von vergleichbaren europäischen Normen. Eine einheitliche Kennzeichnung von hörgerätekompatiblen Telefonen bezüglich akustischer bzw. induktiver Kopplung (M/T) wurde in Europa bislang nicht etabliert. Die Angaben zur Hörgerätekompatibilität sind jeweils nur in Verbindung mit dem entsprechenden Standard aussagekräftig. Für Laien ist die Aussagekraft von Produktkennzeichnungen somit nur schwer bewertbar.

In Amerika gibt es gesetzliche Richtlinien, wonach Festnetztelefone und ein Teil der Mobiltelefone eines Anbieters hörgerätekompatibel sein müssen. Leider gibt es in Deutschland keine entsprechende Gesetzgebung, bestehende Standards zur Kennzeichnung von Telefonen („M/T“ für akustische/induktive Kopplung) sind kaum bekannt.

Wenn es um den Kauf von Smartphones geht, könnte zukünftig das Informationsportal GARI (Global Accessibility Reporting Initiative) unter http://gari.info hilfreiche Informationen zu barrierefreien Funktionen geben. Wie die Vertreterin von GARI auf dem Workshop darstellte, wird die Datenbank ab Ende November auch in deutscher Sprache verfügbar sein.

In einer Sache waren sich die Experten einig: um sicherzugehen, dass Hörgerät und Telefon zusammenpassen, hilft letztlich nur das Ausprobieren. Dies gilt auch, wenn Telefone als „hörgerätekompatibel“ gekennzeichnet sind. Erster Ansprechpartner ist der Hörgeräteakustiker, der bei der Auswahl der passenden Geräte unterstützt.

Bei der Ausstattung von Arbeitsplätzen wird empfohlen, Akustiker und IT-Abteilung einzubinden. Denn beide Möglichkeiten, Induktion und Bluetooth, eröffnen neben dem Telefonieren noch weitere Einsatzbereiche, wie z.B. die Sprachübertragung bei Besprechungen und Veranstaltungen.

Für höreingeschränkte Menschen wären mehr sachliche und gut verständliche Informationen zum Thema Hörgeräte und Telefonie wünschenswert. Hier sind alle aufgefordert: die Telefon- und Hörgeräteanbieter, Akustiker, der Verbraucherschutz und die Selbsthilfe.

Die Ergebnisse des Workshops werden im Januar 2014 auf der Internetseite des Projekts hörkomm.de veröffentlicht.

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